Schaltungstechnik - Röhrenendstufen

Klasse-A-Endstufen

Auch bei den Röhrenendstufen finden wir viele Parallelen zum Transistorverstärker. Die einfachste, aber vom Arbeitspunkt ungünstigste Betriebsart, ist der Klasse-A-Betrieb. Im Unterschied zur Vorstufe werden hier überwiegend Pentoden als Endröhren eingesetzt. Die Gittervorspannung wird entweder halbautomatisch erzeugt oder stammt aus einer externen Quelle. Der auffälligste Unterschied zur Transistorendstufe ist der Übertrager am Ausgang. Er ist erforderlich, weil Röhrenendstufen einen wesentlich höheren Ausgangswiderstand besitzen. Würde man hier einen niederohmigen Lautsprecher direkt anschließen, könnte die Endstufe den notwendigen Strom nicht liefern und man würde kaum etwas hören. Der Übertrager arbeitet als Impedanzwandler und passt die Widerstände aneinander an.

Röhre Klasse A

Der Reihenwiderstand am Steuergitter bildet mit der Eingangskapazität der Röhre einen Tiefpass und soll hochfrequente Schwingungen der Endstufe verhindern. Das Bremsgitter liegt auf Kathodenpotential und das Schirmgitterpotential ist um den Spannungsabfall am Schirmgitterwiderstand geringer als die Betriebsspannung. Für den Kathoden- und den Gitterableitwiderstand gilt das Gleiche, wie bei der Vorstufe. In vielen Datenblättern sind die üblichen Werte für die verschiedenen Betriebsarten angegeben, die man meist übernehmen kann. Der Nachteil des Klasse-A-Betriebs ist ja bekanntlich der ständig fließende Ruhestrom. Er kann unter anderem zu einer starken Vormagnetisierung am Übertrager führen, wodurch der Eisenkern schneller in die magnetische Sättigung kommt.



Gegentakt-Endstufen

Für höhere Ausgangsleistungen waren auch zur Röhrenzeit schon Klasse-B- oder Klasse-AB-Endstufen üblich. Allerdings sind mit Röhren keine komplementären Endstufen möglich. Zur Ansteuerung der Endstufenröhren ist immer eine gesonderte Phasenumkehrstufe erforderlich. Möglichkeit 1 ist der Einsatz eines Übertragers mit zwei gegenphasig arbeitenden Sekundärwicklungen. Das bedeutet aber zusätzliches Gewicht und Übertrager beeinflussen den Frequenzgang auch immer negativ.
Besser ist eine aktive Phasenumkehr mithilfe einer Röhrenstufe. In Kathodenbasisschaltung lässt sich das Signal an Kathode und Anode gegenphasig abgreifen.

Röhre Phasenumkehrstufe

Der Arbeitspunkt der beiden Endröhren liegt so, dass sie nur die positiven Halbwellen des Signals durchlassen. Jede Röhre verstärkt also nur eine Halbwelle des Signals. Der Ausgangsübertrager mit seinen zwei Primärwicklungen fügt die Hälften wieder zusammen und übernimmt die Anpassung an den Lautsprecher.

Röhre Gegentakt

Der Ausgangsübertrager

Um eine maximale Leistung übertragen zu können, müssen die Impedanzen von Endstufe und Lautsprecher angepasst werden. In einem Transformator sind die Impedanzen proportional zu den Quadraten der Windungszahlen.

Ausgangsübertrager

$$\frac{N^2_P}{N^2_S} = \frac{Z_P}{Z_S}$$ Damit der Eisenkern des Übertragers nicht so schnell in die Sättigung kommt, was zu Verzerrungen führen würde, erhöht man den magnetischen Widerstand durch einen Luftspalt im Magnetkreis. Allerdings verringert sich dadurch die Effektivität etwas und es entsteht ein größeres magnetisches Streufeld.

Luftspalt

Durch verschiedene Wickeltechniken, zum Beispiel geschicktes Aufteilen der Wicklungen, versucht man die Nachteile eines Übertragers zu minimieren. Die Wicklungskapazitäten zwischen den Spulen führen zu einer schlechteren Übertragung hoher Frequenzen. Der Querschnitt des Eisenkerns bestimmt die übertragbare Leistung und die untere Grenzfrequenz. Am Beispiel der oben gezeigten Klasse-A-Endstufe will ich hier die Dimensionierung des Übertragers mithilfe von Faustformeln zeigen. Die Formeln sind gültig für die hier verwendeten Maßeinheiten.

Die Ausgangsleistung beträgt 6W, die Impedanz der Endstufe 5,2kΩ, die des Lautsprechers 8Ω und die untere Grenzfrequenz soll bei 35Hz liegen.
Zunächst berechnen wir den erforderlichen Eisenquerschnitt des Übertragers in cm². $$A_{FE} = 20 \cdot \sqrt{\frac{P_S}{f_U}} = 20 \cdot \sqrt{\frac{6W}{35Hz}} = 8,28 cm^2$$ In der Tabelle finden wir einen EI85b-Kern mit 11,8 cm². Damit können wir jetzt die Breite des Luftspalts in Millimetern berechnen. $$a = 0,012 \cdot \sqrt{A_{FE}} = 0,012 \cdot \sqrt{11,8cm^2} \approx 0,4mm$$ Da der Luftspalt einmal am Mittelsteg und nochmals an den Seitenstegen auftritt, kommt eine Zwischenlage mit einer Stärke von 0,2mm zum Einsatz. Für die Berechnung der primären Windungszahl spielen Primärimpedanz, Eisenquerschnitt, Luftspalt und die untere Grenzfrequenz eine Rolle. $$N_P = 4,5 \cdot 10^5 \cdot \sqrt{\frac{Z_P \cdot a}{A_{FE} \cdot f_U}} = 4,5 \cdot 10^5 \cdot \sqrt{\frac{5,2k \Omega \cdot 0,4mm}{1180mm^2 \cdot 35Hz}} = 3194$$ Damit können wir jetzt auch die sekundäre Windungszahl bestimmen. $$N_S = N_P \cdot \sqrt{\frac{Z_S}{Z_P}} = 3194 \cdot \sqrt{\frac{8 \Omega}{5200 \Omega}} = 125$$ Um den Drahtdurchmesser ausrechnen zu können, brauchen wir die Ströme in beiden Spulen. Der Primärstrom ist die Summe aus dem Ruhestrom und dem Wechselanteil bei Vollaussteuerung. Die gewählte Dimensionierung der Endstufe entspricht den Empfehlungen aus dem Datenblatt. Dort wird ein Ruhestrom von 49mA angegeben. $$I_P = I_{a=} + I_{a \approx} = I_{a=} + \sqrt{\frac{P}{Z_P}} = 49mA + \sqrt{\frac{6W}{5200 \Omega}} = 49mA + 34mA = 83mA$$ Der Sekundärstrom ergibt sich aus der maximalen Leistung und der Lautsprecherimpedanz. $$I_S = \sqrt{\frac{P}{Z_S}} = \sqrt{\frac{6W}{8 \Omega}} = 0,87A$$ Bei Transformatoren und Übertragern rechnet man mit einer maximalen Stromdichte von 2,55 A/mm². Mit der Formel für die Kreisfläche kann man daraus den minimal nötigen Drahtquerschnitt errechnen, oder ihn gleich aus der Tabelle ablesen. Dann ergibt sich für die Primärwicklung ein Drahtdurchmesser von 0,21mm und sekundär 0,7mm.



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